7. Tag auf See

Etmal: 78 Seemeilen Die Tage haben ein ganz merkwürdiges Muster angenommen. Morgens, zwischen 8 und 10 Uhr frühstücken wir bei herrlichem Sonnenschein im Cockpit und starten danach in den Tag, werfen den Motor an und tuckern los. Marschfahrt, um 5 Knoten. Dabei ist der Spritverbrauch sehr überschaubar. Den ganzen Tag wechseln wir uns alle paar Stunden am Rad ab und kochen zwischendurch Mittag. Gegen 20 Uhr, wenn die Sonne gleißend rot über dem weiten Horizont untergeht, machen wir „Feierabend“, kochen Abendessen. Das Schiff liegt ruhig auf der glatten See, bewegt sich kaum. Wie vor Anker. Ganz merkwürdige Tage. Fühlen sich an wie in sich abgeschlossene Tagestörns. Gestern saßen wir gegen 21 Uhr auf der Koje, haben unsere „Kubanische Reispfanne“ gefuttert, der allerdings mittlerweile das Hähnchenfleisch und die Frühlingszwiebeln fehlen – die frischen Sachen gehen langsam aus oder werden schlecht – da schaue ich ungläubig auf den Backofen: „Guck mal, der hängt so schief. Haben wir etwa Lage?“ Die Segel hatte ich auf Backbordbug festgelascht, damit der Baum nicht in der Dünung schwingt. Die Windsteueranlage auf Halbwindkurs eingestellt. „Tatsächlich, 3 Knoten Fahrt, genau auf Kurs!“ ruft Cati. „Wir segeln wieder!“ Was ein Geschenk. Endlich wieder etwas Wind. Die letzten Nächte haben wir das Boot im Prinzip immer mit gesetzten Segeln und eingestellter Windfahne treiben lassen. Die Monitor hat das Schiff auch ab 0,5 Knoten Fahrt schon auf Kurs halten können, während wir alle halbe Stunde mal draußen nach dem Rechten geschaut haben. Seit den Kanaren erst drei Frachter gesehen. Aber statt den üblichen 5 Meilen pro Nacht konnten wir gestern Nacht fast 30 gutmachen! Heute Morgen ab 6 Uhr war der Wind dann wieder weg. Selbst der große, blaue Gennaker ist immer wieder zusammengefallen. Also läuft nun seit 11 Uhr wieder die Maschine. Noch haben wir 85 Liter Diesel. Einen Tag wollen wir noch motoren, denn der 25. Breitengrad, ab dem der Passat eigentlich wehen sollte, ist nur noch 46 Meilen entfernt. Gestern habe ich erfahren, dass sich das für die Flaute zuständige Tief heute entgültig auflösen und ab Freitag der Passat in gewohnter Stärke durchsetzen soll. Das wäre perfekt. Bis dahin machen wir das beste aus der Flaute, liegen in der warmen Sonne und kuttern gemütlich über den platten Tümpel. Heut Mittag sehe ich plötzlich eine große Fontäne an Steuerbord. „Cati, die Kamera, ein Waaaaaaal!“ Cati liebt Delfine, hat aber ziemliche Angst vor Walen. Eigentlich schon immer, aber vor allem seit unser Freund Thomas von der „Lilly Marie“ auf dem Weg nach Madeira einen Buckelwal gerammt hat. Nichts ist kaputt gegangen, aber der Schrecken bei Cati bleibt. Ich selbst habe mal in St. Lucia eine Najad gesehen, die zwischen einen Mutterwal uns sein junges gesegelt ist. Die Mutter ist ausgeflippt und hat auf die Yacht eingeschlagen. Der Skeg war abgerissen und die Welle hing S-förmig aus dem Rumpf. Also haben wir uns dieses faszinierende Tier aus etwa 50 Metern Entfernung angeschaut. Er war auch nur etwas größer als unsere „Maverick“. Johannes