24. Tag auf See

„The days, they don’t have names …“ habe ich 2006 in einer verlassenen Kneipe auf einer kleinen Insel der Bahamas gelesen. Wenn man einfach so dahinlebt, vergisst man schnell, welchen Wochentag man hat. Gut, Workaholics mag es genauso gehen. Aber auch uns hier draußen. Denn ob Werktag oder Wochenende, wir segeln, segeln, segeln … Den Tagesrythmus bestimmen einzig die Wachen und die Zeiten der Nahrungsaufnahme. Seit gestern wissen wir allerdings wieder sehr wohl, welchen Wochentag wir gerade haben. Denn die Tage auf See sind gezählt und wir versuchen nun unsere Ankunft auf Barbados möglichst so zu timen, dass die Büros des Zolls und der Einwanderungsbehörde gerade geöffnet haben. Ansonsten ist nämlich ein saftiger Zuschlag fürs Einklarieren fällig. Wir haben noch 347 Seemeilen vor dem Bug und im Moment sagt das GPS, dass wir Montagabend gegen 20 Uhr in die Carlisle-Bay vor der Stadt Bridgetown einlaufen. Die Büros haben zwar bis 22 Uhr geöffnet, aber trotzdem ist das ganz schön spät. Denn wir müssen anschließend in der Bucht vor Anker gehen und im dunkeln ist es nicht allzu einfach, eine passende Stelle mit schönem Sandgrund zu finden. Wir werden also rechtzeitig die Segel reduzieren, damit wir mit dem Sonnenaufgang am Dienstagmorgen einlaufen. Wir hatten in den letzten Tagen wieder einige dicke Wolken, die viel Wind gebracht haben. Gestern Nacht gleich zweimal. Schon beim ersten Mal habe ich die Genua weggenommen und das Schiff über Nacht nur unter zweifach gerefftem Groß laufen lassen. „Maverick“ kann mit solchen Starkwind-Böen nur unter Groß gut umgehen. Wenn es ihr zu viel wird, dreht sie eigenständig bei und wartet ab. Manchmal nimmt sie anschließend mit dem Abflauen den alten Kurs auf, manchmal bracht sie dabei auch ein wenig Hilfe. Der Schiffsverkehr nimmt auch wieder zu. Heute früh hatten wir schon wieder einen Frachter auf dem AIS, wenn auch recht weit entfernt und auf Gegenkurs. Nach 23 Seetagen sind wir ein bisschen geschafft. Cati fällt es immer schwerer, in den Nachtwachen wach zu bleiben. Wenn das Schiff einen anderen Kurs einschlägt und ich dadurch kurz wach werde, steht sie nicht selten gerade mitten im Salon, weil sie im Sitzen einschläft. Es wird also langsam Zeit, dass wir ankommen und mal wieder eine Nacht durchschlafen …