Atlantiküberquerung „West-Ost“: Nur noch acht Tage!

Liebe Leser,

wie Sie schon allein an dem neuen Design der Website gesehen haben, gibt es viele Neuigkeiten. Ich fange mal vorne an:

Manch einem Leser der YACHT ist in den vergangenen Monaten bereits des Öfteren mein Name ins Auge gefallen – mich haben jedenfalls sehr viele überraschte Mails erreicht, wie es denn kommt, dass ich seit einiger Zeit in jedem Heft auftauche … Die Erklärung: Nach meinem Schiffbaustudium in Kiel hat es mich nach Hamburg verschlagen, wo ich seit einigen Monaten ein Langzeit-Praktikum bei der YACHT mache. Ein spannender und abwechslungsreicher Job, an den ich mich – sollte es die Weltwirtschaft zulassen – gerne weiter machen würde. Wie ich festgestellt habe macht mir das Schreiben jedenfalls sehr viel mehr Spaß, als das Konstruieren von Lukendeckeln auf Containerschiffen.

Neuigkeit Nummer zwei haben Sie sicher schon durch die neue Website erfahren: Fast drei Jahre nachdem ich meine Maverick in Charleston verkauft und den Rückflug nach Deutschland per Flieger angetreten habe, soll es nun einen zweiten Teil des Abenteuers geben.

Vor gut eineinhalb Jahren habe ich auf der Hanseboot 2007 Egmont Friedl kennen gelernt, dessen Knotenbuch sicher einige Leser im Regal stehen haben. Egmont hielt auf der Messe am YACHT-Stand Workshops über Tauwerkschäkel und Seemannsknoten, ich erzählte dem vorbeilaufenden Publikum von meiner Reise auf Maverick. Wir teilten uns ein Mikro.

Egi und ich wohnten im gleichen Hotel, Zimmer an Zimmer. Auf dem allmorgendlichen Weg zur Messe erzählte er mir, dass er sich vor einigen Monaten zwei Colin-Archer-ähnliche Boote in den USA angesehen hatte, aber nicht entscheiden konnte, welches er gerne kaufen würde. Eines Abends hörte ich ihn dann im Nebenzimmer auf Englisch telefonieren, wenige Minuten später klopfte es an meiner Tür: „Komm, ich lad dich zum Essen ein. Ich habe mir gerade ein Boot gekauft!“. Er hatte sich für eine Westsail 32 entschieden. Ein unheimlich robustes und seetüchtiges Boot.


Ein Jahr verging. Von Zeit zu Zeit erhielt ich Postkarten vom ersten Probetörn auf der „Gavdos“ in der Chesapeake-Bay, dann aus dem Mittelmeer, in dem sich Egi mit seinem Zweitboot, einem offenen Drascombe, nach und nach die Inseln ersegelt.

Vor einigen Monaten erreichte mich dann eine Mail mit einem tollen Angebot: „Atlantik West-Ost Zweihand?“

Auf diesen Seiten werden Sie in den kommenden Wochen unsere Reise verfolgen können. Und nicht nur hier – auch Egi wird auf www.emf-sail.com ein äquivalentes Logbuch führen, sodass Sie das Abenteuer aus beiden Blickwinkeln erleben können.

Am 16. Juni geht unser Flieger in die USA. Von da an wird es regelmäßige Updates geben. Aber auch schon die letzten Tage zuvor werde ich von den Vorbereitungen berichten.

Auf dem Atlantik haben wir zudem die Gelegenheit, täglich einen neuen Logbucheintrag zu versenden. Die Firma Smartsatcom, die mich bereits auf meiner vergangenen Atlantiküberquerung (sehr zur Freude meiner Eltern!) mit einem Satellitentelefon versorgt hatte, stellt uns auch für diese Reise ein komplettes Set samt Email-Verbindung zum Laptop zur Verfügung.

Marinepool ist ebenfalls wieder mit an Bord und versorgte uns mit einem gigantischen Paket voll mit Hochsee- und Hafenbekleidung. Allein das Auspacken des Paketes war besser als die Bescherung an Weihnachten! 😉 Für die Atlantiküberquerung haben wir ein neuartiges Stretch-Ölzeug an Bord, das sich bereits am letzten Wochenende auf der Ostsee als enorm Bequem und Wasserdicht bewährt hat.


Wie in den vergangenen Wochen immer wieder in den Medien zu lesen war, sollen ein Großteil der GPS-Satelliten demnächst wegen Überalterung ausgetauscht werden. Sie sind etwa 20 Jahre alt und wenn man zurückdenkt, welche Computergeneration vor 20 Jahren gerade aktuell war, kann man sich denken, dass es längst an der Zeit ist. Weil der Austauschzeitplan ein wenig hinterher hinkt, die ersten Satelliten nun im Herbst hochgeschossen werden, aber schon seit drei Jahren im Orbit sein sollten, kann es in den kommenden fünf Jahren zu ungenaueren Positionsangaben kommen, weil durch den Austausch nicht mehr genügend Satelliten gleichzeitig am Himmel sind. Daher möchte ich mich auf dieser Reise zusätzlich zum Handheld-GPS noch einmal auf die alten Zeiten zurück besinnen und auf dem Atlantik per Sextant die Positionen bestimmen. Zu diesem Zweck hat mir SVB einen Davies-Sextanten zur Verfügung gestellt. Auf diesem Foto sehen Sie mich bei Trockenübungen in meinem Zimmer. Geht ganz einfach, die Sonne auf das Dach des Nachbarhauses zu setzen …


Letzte Neuigkeit ist die, dass ich wieder Rückfällig geworden bin:

Vielleicht hat manch einer vor kurzem die Titelstory der YACHT gelesen, in der über „Internet für Segler“ berichtet wurde. Ich habe darin meine Geschichte mit dem Bootskauf bei Ebay zum Besten gegeben. Noch bevor das Heft erschien, surfte ich per Handy im Internet, als plötzlich eine alte Hurley 22 über das Display segelte. Ich bot – und bekam am selben Abend noch eine SMS vom Auktionshaus.


Seitdem bin ich nun Besitzer einer 1967 gebauten Hurley 22, die wir „Fläckbäsh“ getauft haben, weil es mir wie ein flashback vorkam: Anstatt, dass ich wieder ein eigenes, größeres Boot für eine neue Reise um die Welt kaufe, scheinen meine Boote nun wieder kleiner und älter zu werden. In der Tat gibt es an dem Boot auch noch einiges zu machen, man merkt ihm das Alter an. Aber es ist eine tolle Basis für Reisen über die Ostsee, die ich ja bisher nur bis „Südküste Fünen“ kenne. Für diesen Herbst und den kommenden Sommer 2010 ist also das Erkunden der baltischen Reviere geplant, bis ich mir irgendwann mal wieder ein etwas größeres Boot zusammensparen kann. Wilfried Erdmann war bei einem Besuch an Bord in Kopperby an der Schlei (meinem Sommerliegeplatz) jedenfalls sehr überzeugt von dem kleinen Boot: „Notfalls kannst du ja auch damit wieder los.“




Aber zunächst geht es jetzt erstmal auf der „Gavdos“ über den Nordatlantik. Ich würde mich sehr freuen, Sie dabei an Bord dieser Website begrüßen zu dürfen!

Viele Grüße aus Kiel,

Johannes

P.S.: Spannend zu verfolgen sind derzeit auch die Seiten www.beluga-racer.de (Boris Herrmann und Felix Oehme auf ihrer letzten Etappe nach Portugal) und www.einhandsegeln.de (Uwe Röttgering mit seiner tollen Yacht FANFAN! während des OSTAR-Races nach Newport).