365 Tage

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Auf einmal ist ein Jahr um: Am 14.09.2014 haben wir um 16.00 Uhr zuhause in Oberndorf abgelegt. Seitdem haben wir 15 Länder bereist, neue Freunde und zeitweise unser Paradies gefunden, unglaubliche Gastfreundschaft und niederschmetternde Tiefpunkte erlebt. Wenn wir uns die vielen tausend Bilder der vergangenen Monate anschauen, wird uns direkt schwindelig und wir können es selbst kaum glauben, was so alles in nur einem Jahr passiert ist.

Das zweite Jahr als „liveaboards“ wird sicher nicht weniger aufregend. Während wir uns im vergangenen Jahr zu großen Teilen auf der Route befunden haben, die Johannes schon auf seiner ersten Reise 2005/2006 genommen hat, liegen jetzt unbekannte Reviere vor uns. Auf der anderen Seite sind wir im vergangenen Jahr gewachsen, haben viel über „Maverick“ gelernt und abgesteckt, was wir als Team gemeinsam leisten können. Wir kennen unsere Möglichkeiten und Grenzen.

Wohin soll es im zweiten Jahr gehen? Bleibt Ihr nur in der Karibik ? Wo seid ihr ca. Ende Dezember/ Anfang Januar? (schon Martinique :-)?)

Cati und Johannes: Das Schöne am Segeln ist ja, dass fast die ganze Welt offen steht. Nur das Wetter macht so einige Vorgaben. Das grobe Ziel für die neue Saison lautet momentan ganz klar Panama. Auf dem Weg dorthin liegen viele spannende Länder und an Bord warten schon einige Revierführer für Mittelamerika auf ihre Benutzung. Wir planen momentan also die „zweite Reihe“ der Karibik zu besegeln. Martinique steht daher nicht noch einmal auf unserer Törnliste. Ab Panama werden die Karten dann neu gemischt und es gibt unzählige Möglichkeiten jenseits der Karibik. Deshalb wollen und können wir noch gar nicht sagen, wohin es anschließend geht, weil sich unsere Pläne tatsächlich immer wieder ändern. Auch wenn wir natürlich gewisse Vorstellungen haben, ist es noch zu früh hier darüber zu sprechen. Bis dahin hoffen wir, dass euch unsere Bilder aus der „schnöden“ Karibik auch gefallen 🙂

DSC_8850Wie hat sich Eure Beziehung zueinander in der Zeit / durch die Erlebnisse verändert? 

Cati: Ich finde es ganz schön schwer, diese Frage eindeutig zu beantworten, weil eine Beziehung ja auch an Land ständigen Veränderungen unterworfen ist und von ihnen geprägt wird. Vielleicht kann man sagen, dass mein Vertrauen in Johannes noch fester geworden ist, als es ohnehin schon war. Geht man sich auf dem Atlantik schlafen, legt man förmlich das eigene Leben in die Hand des anderen, der Wache hat. Und grundsätzlich gilt natürlich: Besondere Erlebnisse schweißen besonders zusammen.

Was war das schönste Erlebnis der Reise?

Johannes: Die schönste Gegend war für mich ganz klar die Bahamas. Das habe ich auch auf der ersten Reise schon so empfunden und meinetwegen hätten wir auch direkt ohne Umweg über die Karibik dorthin segeln können. Unter allen schönen Erlebnissen des vergangenen Jahres sticht für mich der zufällige Fund der Brigantine auf Grenada hervor, die mich schon seit zwölf Jahren gedanklich nicht mehr loslässt.

Cati: Für mich war ohne Zweifel die gesamte Atlantiküberquerung das Highlight des vergangenen Jahres. Die Zeit, die man für sich selbst hat, vergessene Erinnerungen, die hochkommen, die körperliche Herausforderung, die Zweisamkeit, das Dazulernen … ich hatte ja keine Ahnung! Als wir auf der anderen Seite angekommen waren, konnte die Karibik noch gar nicht richtig auf mich wirken, weil ich noch so stark unter dem Eindruck der Atlantiküberquerung stand. Ich freue mich schon jetzt auf die langen Ozeanpassagen, die in der neuen Saison vor uns liegen.

6Was hat Cati rückblickend am besten gegen Seekrankheit geholfen (ggf. was nicht), wie ist der Stand / ihre persönliche Lösung?

Cati: Ich nehme seit Frankreich eine halbe Stunde vor der Abfahrt 50 mg Dimenhydrinat ein. In Deutschland sind die Tabletten zum Beispiel unter dem Namen „Rodavan“ in der Apotheke erhältlich. Diesen Wirkstoff habe ich von den vielen Tipps, die ich bekommen habe, zuerst ausprobiert und er hat bei mir so gut geholfen, dass ich dabei geblieben bin. Auf dem Atlantik konnte ich die Tabletten nach drei Tagen komplett absetzen. Anschließend bin ich davon ausgegangen, dass ich keine Tabletten mehr benötigen würde, weil ich mich nun an die Bewegungen gewöhnt hätte. Fast jedes Ankern ist bei mir aber wie ein Reset-Knopf und wenn unangenehmen Bedingungen zu erwarten sind, werfe ich vorsichtshalber immer noch zumindest eine halbe Tablette ein.

Unterstützend achte auf meine Ernährung direkt vor der Abfahrt, trinke zum Beispiel keinen Kaffee, verzichte auf Milchprodukte und manche Früchte und trinke den Abend vorher keinen Alkohol. Ich kann nicht genau sagen, ob es tatsächlich viel hilft, denn eine Tablette muss ich ohnehin einwerfen. Ich bilde mir aber ein, dass es einen gewissen Effekt hat und weil es ganz sicher nicht schadet, versuche ich mich daran zu halten.

Nicht geholfen hat mir eine bloße Behandlung mit dem Hausmittelchen Ingwer oder „Superpep„-Kaugummis. Erstaunlicherweise haben diese Kaugummis ebenfalls Dimenhydrinat als Wirkstoff, deshalb gehe ich davon aus, dass entweder die Dosierung von 20 mg für mich nicht ausreicht oder die Darreichung in Tablettenform effektiver ist.

Durch die Tabletten werde ich sehr müde, was für viele Menschen ein Argument gegen solche Medikamente ist. Bin ich allerdings seekrank, werde ich ohnehin müde und muss mich hinlegen. Mit der Tablette bin ich aber nach einem Nickerchen viel fitter, ohne kann es mich leicht für einen ganzen Tag dahinraffen.

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Was kann eure Contest33 besser, was schlechter als erwartet? Größe, Seetüchtigkeit, Lebensraum, etc.

Johannes: Manchmal wünsche ich mir mehr Stauraum für Ersatzteile oder Kleidungsstücke für verschiedene Temperaturen. Das ist allerdings fast vermessen zu sagen, denn die „Maverick“ hat für ihre Größe schon ganz schön viel Platz und für zwei Personen ist sie wirklich gut dimensioniert. Die Segeleigenschaften sind mit dem neuen Rigg viel besser als erwartet, zum Beispiel kann die „Maverick“ viel höher an den Wind gehen, als wir vorher angenommen haben. Wir sind gut gerüstet für Leichtwind bis Starkwind. Bis auf den Motor funktioniert alles wirklich toll. Wir sind eingefahren.

Cati: Auch im Vergleich mit anderen Booten, die wir unterwegs getroffen haben, sind wir von der Bootswahl noch immer überzeugt. Auf dem Atlantik mussten wir beispielsweise nie Angst haben, dass eine Welle das Cockpit füllt. Es war die absolute Seltenheit, dass eine Welle den Weg über unser Süll gefunden hat, während wir von anderen Crews gehört haben, dass sie die Nachtwachen immer klatschnass verbracht haben. Das Budget begrenzt natürlich die Ansprüche, aber eigentlich vermisse ich nichts und würde jederzeit wieder mit dem Boot losfahren. Auch in dem Zustand, wie es war, denn alles, was unterwegs noch zu tun war (Backofen anschließen, Trinkwasserleitungen legen, Kühlschrank in Betrieb nehmen, Ankerwinsch verkabeln), rechtfertigt für mich auch im Nachhinein keinen Aufschub um ein weiteres Jahr.

Wie werdet Ihr versuchen den finanziellen Aspekt besser in den Griff zu bekommen? Die geplanten Ausgaben wurden ja oft weit überschritten. Könnt Ihr mehr Einnahmen erzielen und den Etat etwas erhöhen?

Cati und Johannes: Wir wollen unsere Ausgaben weiter minimieren. Insbesondere im Bereich „Essen“ ist da noch Luft nach oben. Um mehr Geld zur Verfügung zu haben und den Etat erhöhen zu können, müssen wir, wie an Land, mehr arbeiten.

7Was waren die Tiefpunkte der Reise?

Johannes: Der Motorschaden. (Cati: Welcher?) Der in Florida. Wobei das Einschleppen in Galizien auch nicht witzig war.

Cati: Ich habe das Einschleppen nach Cariño als wesentlich schlimmer in Erinnerung. In den USA hatte ich das Gefühl, dass sich schon irgendwie eine Lösung finden lassen wird und die Dankbarkeit, dass es „erst“ in Florida passiert ist, hat überwogen. Beim Einschleppen nach Galizien war ich gedanklich zumindest noch nicht richtig auf der Reise angekommen und plötzlich drohte alles schon wieder vorbei zu sein. Alles war noch so neu und meine Seekrankheit in den Wochen zuvor war auch nicht zuträglich. Die Biskayaüberquerung war solch ein Wechselbad der Gefühle und der Fall vom Hochgefühl, es geschafft zu haben, zur Erkenntnis, dass wir Hilfe brauchen, war umso größer. Ich hätte die Biskayaüberquerung gerne glanzvoller und aus eigener Kraft beendet. Größter Tiefpunkt.

Johannes, wie ist es für dich als Einhandsegler plötzlich zu zweit unterwegs zu sein?

Johannes: Einhandsegeln finde ich einfacher. Den Wachtakt habe ich beispielsweise alleine an Bord als angenehmer empfunden. Damals habe ich die Nacht durchgeschlafen und mir immer wieder regelmäßig den Wecker gestellt, um nach dem Rechten zu sehen. Ich habe den Eindruck, dass ich damals fester geschlafen habe, deshalb bin ich teilweise in meinen Wachzeiten zum alten System zurückgekehrt. Andererseits ist das Reisen zu zweit natürlich viel schöner.

Was habt ihr gelernt?

Johannes: Dass Arbeiten von unterwegs nicht die optimale Lösung ist. Das ist selbstverständlich Meckern auf hohem Niveau. Aber es hat auch seine Vorteile ganz ohne Arbeitsdruck auf solch eine Reise zu gehen. Manche Dinge erlebt man bestimmt viel intensiver.

Cati: Endlich den Palstek, dass weiße Bettwäsche auf einem Boot in den Tropen nichts zu suchen hat und natürlich ganz viel über Schiffsführung und das Segeln.

Hier noch einmal die Highlights aus den letzten 365 Tagen:

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