Sightseeing auf den Azoren

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Liebe Leser,

für einen Segler ist es immer mehr als ungünstig Termine zu machen. Irgendetwas kommt immer dazwischen, sei es das Wetter oder eine unvorhergesehene Reparatur, das Warten auf notwendige Ersatzteile oder die Gesundheit. Möchte uns jemand zu einem bestimmten Zeitpunkt treffen, ist es immer ein Glücksspiel, ob wir auftauchen. Manchmal sind wir dann sogar noch gar nicht im richtigen Land. Und obwohl allen deutlich gemacht wird, dass wir nicht in schlechtes Wetter segeln oder ein Risiko eingehen, nur um einen Termin einzuhalten, passiert in der Regel genau das, denn man weiß um die Konsequenzen: Flüge werden ungültig, Geld in den Sand gesetzt oder ein Wiedersehen gänzlich vereitelt und das will man schließlich auch nicht. Dieses Dilemma kennen die meisten Segler.

Und irgendwie passiert es dann doch: Johannes hatte schon vor Monaten zugesagt, an der YACHT Bluewatermesse in Warnemünde am zweiten Juniwochenende als Referent teilzunehmen und dort zu arbeiten. Das bedeutete, dass wir rechtzeitig in irgendeinem Land mit Flughafen sein mussten. Am Liebsten schon auf der europäischen Seite des Atlantiks, damit wir es danach nicht mehr so weit haben. Glücklicherweise ergab sich ein Wetterfenster, das es uns ermöglicht hat rechtzeitig auf den Azoren zu sein. Bei so einem langen Seestück lässt man sich bei der Wahl des Abfahrtsdatum natürlich nicht von Terminen leiten, die noch über einen Monat in der Zukunft liegen, aber je näher der Termin rückte, während wir immer noch auf dem Atlantik waren, desto nervöser wurde man doch. Einen Tag vor Johannes Flug sind wir dann auch tatsächlich in Horta auf Faial angekommen, genug Zeit, um die heftigen Sturmerlebnisse der letzten Tage zu verdauen, etwas Schlaf nachzuholen und vor allem zu duschen.

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Und dann wurde an zwei Tagen hintereinander der Flug gestrichen. Das Tiefdruckgebiet, das uns unangenehme Tage auf dem Atlantik bereitet hatte, ist immer noch über der Inselgruppe gewesen und es war viel zu nebelig und windig um ein Flugzeug sicher zum Flughafen zu manövrieren. An uns lag es nicht, wir waren da und Johannes bereit zum Abflug 😉 Und so bekam Johannes noch zwei weitere Tage in Horta geschenkt, lernte schon viele nette Segler kennen, die während seiner Abwesenheit schon weiter sind, und noch mehr, auf die er sich bei der Rückkehr freuen konnte.

Für mich war eigentlich direkt klar, dass ich bei „Maverick“ auf den Azoren bleiben werde. Ganz unabhängig davon, dass die Flugpreise es für uns nicht wirklich erlauben noch ein Extraticket zu kaufen, wollen wir zum August ohnehin schon in Deutschland sein. So schön es gewesen wäre Freunde und Familie zu sehen, ist das ja bald sowieso möglich. Außerdem erschien mir die Aussicht, auszuschlafen, schon einmal Horta auf eigene Faust zu erkunden und in Ruhe aufzuräumen statt in Deutschland von einem Termin zum nächsten zu hetzen, ziemlich attraktiv.

Und genau das habe ich auch getan. Während Johannes also in Warnemünde von Riggs, Segeln und Motoren gesprochen hat, brauchte ich an manchen Tagen fast gar nicht zu reden. An den ersten Tagen, die ich alleine war, herrschte immer noch recht bescheidenes Wetter, sodass meine Erkundungstouren erstmal ausfielen. Ich habe sogar den Heizlüfter ausgepackt. Im Gegensatz zu dem heißen Florida waren die europäischen Temperaturen erstmal gewöhnungsbedürftig … Und dann kam doch die Sonne raus, ich konnte mit anderen Seglern Eis oder zu Abend essen, den ein oder anderen Gin Tonic in der berühmten Seglerkneipe Peter Café Sport genießen und dann auch tatsächlich die Insel erkunden. Ich wollte sehenswerte Ecken auskundschaften, die ich meinem Bruder Hannes zeigen konnte, der mir in der darauffolgenden Woche Gesellschaft leisten wollte. Glücklicherweise hatten wir seinen Flug mit den Worten „Unsere Überfahrt kann drei oder fünf Wochen dauern“ schon recht weit nach hinten geschoben und wir konnten sichergehen, dass wir schon da sind, wenn er auf den Azoren ankommt.

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Nach einer ziemlich langen Anreise ist Hannes tatsächlich angekommen und wurde direkt in die Seglergemeinschaft zwangseingeführt. Wir haben viele lustige Ausflüge gemacht und er hat sich einen zünftigen Sonnenbrand zugezogen, der es schwer machen wird, seine Unidozenten von seinem Fehlen wegen einer Krankheit zu überzeugen. Das scheint so eine Art Tradition bei uns an Bord zu werden. Obwohl wir unsere Gäste nötigen, sich mit Babysonnencreme mit Lichtschutzfaktor 50+ einzucremen, verbrennen sie sich immer kolossal. Es ist natürlich trügerisch, wenn um einen herum alle so vorgebräunt sind, dass sie gar keine Sonnencreme mehr brauchen, aber wenn man, wie ein Segler hier gerne sagt, „so braun wie eine Bäckermütze“ ist, dann ist die Sonne auch hier nicht zu unterschätzen.

Hannes wollte gerne den großen Krater der Vulkaninsel sehen und dort wandern. Diesen Ausflug haben wir aufgespart, bis auch Johannes wieder zu unserem Geschwisterduo gestoßen ist. Prompt war es an dem Tag so diesig, dass der Krater komplett in den Wolken verschwunden ist. Ein witziges Gefühl, wann bekommt man schon einmal die Gelegenheit mitten in den Wolken zu stehen?!

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Seit gestern sind Johannes und ich wieder zu zweit und so langsam auch bereit dazu weiterzufahren. Ein Bild müssen wir noch an die Hafenmole malen, in all der Entspannung hatte ich bisher schlicht keine Lust dazu.

Wenn das Wetter mitmacht, wollen wir Ende der Woche auf die Azoreninsel Sao Miguel verholen. Von dort aus wollen wir nach Irland. Wieder mal eine geänderte Route. Aber wenn man schon mal unterwegs ist …

Cati